Gehen wie auf Wolken…
Trends, welche in den internationalen Metropolen angesagt sind, finden auch ihren Weg in den Rest der Welt. Was in New York, London und Paris im Bereich Wellness & Gesundheit Erfolg hat, ist auch kurz danach in anderen Großstädten gefragt und führt zu den entsprechenden Angeboten. Nicht anders ist es mit den so salopp bezeichneten Knabberfischen und den damit durchgeführten Anwendungen. Den meisten Deutschen werden Knabberfisch-Stores vermutlich zum ersten Mal während des Urlaubs im Ausland, wie zum Beispiel auf Mallorca, begegnet sein und beim Beobachten der Touristen, die ihre Beine dort in die Fischbecken halten, kommen unzweifelhaft Fragen über Fragen auf. Denen wollen wir auf den Grund gehen und bei dieser Gelegenheit auch für Aufklärung sorgen, die nach unserer Meinung dringend angebracht ist.
Zu dem Zweck haben wir uns einen Knabberfisch-Store abseits des Touristenrummels der Innenstadt gesucht und uns mit der Materie auseinander gesetzt, um auch kritisch urteilen zu können. In der Adlershofer Dörpfeldstraße 27-29 des Berliner Bezirks Treptow-Köpenick befindet sich der Store von Knabberfische Berlin, der sich als das Original bezeichnet. Hier werden wir uns über den Sinn und Erfolg der Knabberfisch-Anwendungen informieren und uns ein Bild von den hygienischen Zuständen machen, unter denen diese durchgeführt werden. Vermutlich ist die Frage der Hygiene diejenige, welche die meisten Menschen beschäftigt, die sich mit einem Besuch eines Stores beschäftigt haben. Diese Frage steht natürlich gleich am Anfang und wird optisch schon zum Teil durch einen unübersehbaren Reinigungsplatz beantwortet, denn hier werden jene Gliedmaßen des Kunden zuerst vom Fachpersonal auf sichtbare Erkrankungen untersucht, welche zu den Fischen in das Becken gelangen sollen. Hände oder Füße müssen frei von Pilzerkrankungen, Neurodermitis oder Psioriasis sein und werden dann vom Personal gründlich gewaschen, desinfiziert und abgespült. Erst dann geht es überhaupt zu den kleinen Helfern, die sich ihren Namen durch ihre Tätigkeit erworben haben.
Rötliche Saugbarbe, Garra Rufa, Kangalfisch oder im Englischen doctor fish, nachdem ihr möglicher Einsatz zu therapeutischen und kosmetischen Zwecken erkannt wurde, sind die eigentlichen Bezeichnungen für diese Fische, die maximal 12-14 cm groß werden und vornehmlich in der türkischen Region Kangal vorkommen. Die Tatsache, dass die Fische dort in sehr nährstoffarmen Gewässern leben, die von Thermalquellen gespeist werden, bewirkte im Laufe der Evolution eine Anpassung der Fische an die vorhandenen Umstände. Da diese Gewässer mit ihren 28-35 Grad Wassertemperatur gerne zum Baden benutzt wurden, begannen die Fische sich von den aufgeweichten Hornpartikeln der oberen Hautschichten der Badegäste zu ernähren. Eine Symbiose, wie sie in der Natur tausendfach durch die Evolution hervor gebracht wurde und welche man dann näher untersucht hat. Dabei stellte man fest, dass sich die Haut nach der Begegnung mit den Fischen glatter anfühlt und dass dieses Knabbern der zahnlosen Fischmäuler offensichtlich auch die Durchblutung anregt. Bei medizinischen Studien erwies sich dann auch, wie hilfreich diese Anwendung bei Patienten mit Psioriasis oder Ichthyose, Neurodermitis oder Ekzemen sein kann. Bei lauter Betonung dieser hilfreichen Anwendung wird fälschlicherweise oft der Eindruck erweckt, dass daran erkrankte Patienten und gesunde Kunden dieselben Becken mit eben diesen Fischen benutzen. Dies gilt es deutlich zu unterscheiden, denn der kosmetische und therapeutische Einsatz der Knabberfische ist streng getrennt und erfordert zu dem besondere hygienische Maßnahmen. Fische, die zum therapeutischen Einsatz bestimmt sind, werden in gesonderten Becken gehalten und kommen auch nur bei dem jeweiligen Patienten zum Einsatz, für den sie bestimmt sind. Nach Abschluss der Behandlung kommen diese in eine lange Quarantäne und werden dann vom Veterinärmediziner auf Krankheiten untersucht oder getötet.
Wir haben es hier bei den Knabberfischen Berlin aber mit der kosmetischen Anwendung zu tun und auch dabei sind sehr hohe Maßgaben und Vorschriften der Hygiene, der Veterinärmedizin und des Tierschutzes zu beachten. Das Beckenwasser wird vor und während des Durchlaufs gefiltert und täglich zu einem großen Teil komplett ausgetauscht. Zusätzlich wird das Wasser permanent mit Ozon behandelt, um auch kleinste Keimbildungen zu verhindern und somit Fische und Kunden vor Ansteckungen zu schützen. Der Tierschutz ist hier sehr streng geregelt, was auch bedeutet, dass den Fischen lange Ruhepausen eingeräumt werden, damit das Futtern nicht in Stress ausartet, wobei also die tägliche Kundenanzahl ohnehin auf Grund der Beckenanzahl begrenzt ist. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch die Veterinärmedizin sind vorgeschrieben und die Hygienekontrollen scheinen hier wichtiger genommen zu werden als in der Gastronomiebranche. Den Fischen und den Kunden kommt dies auf jeden Fall zugute und sollte nach außen hin auch mehr propagiert werden, um die vielfältigen Missverständnisse und Vorurteile zu beseitigen. Katja Becker, Store Manager von Knabberfische Berlin, räumt auch mit der Illusion mancher Kunden auf, ein Bad bei den Knabberfischen könnte eine Maniküre oder Pediküre ersetzen. Die Anwendungen im Fischbecken sind die Wohlfühl-Ergänzung zur klassischen Hand-und Fußpflege, die ebenfalls hier im Nachbarraum von der Kosmetikerin durchgeführt werden und dienen auch zur Entspannung in der Mittagspause oder nach einem anstrengenden Tag, an dem die Füße stark beansprucht worden sind. Gleichzeitig bietet man hier neben den üblichen kosmetischen Anwendungen auch Lymphdrainagen, klassische Massagetechniken und Hot Stone Massagen an.
Entspannung ist hier angesagt und man sitzt bequem auf seiner hochgelagerten Bank und überlässt seine Füße einfach den kleinen hungrigen Helfern. Das leichte und angenehme Kribbeln der Fischmäuler und die Musik im Hintergrund lassen fast ein wenig Urlaubsstimmung aufkommen. Jetzt kann ich auch nachvollziehen, dass hier immer mehr Mädels-Abende oder Junggesellinnen-Abschiede gebucht werden, wo es sich die Damen bei Sekt, Fingerfood und Kribbeln an den Füßen richtig gut gehen lassen. Eines ist jedoch ganz sicher: Wenn sie danach wie auf Wolken gehen, liegt es nicht am Sekt, sondern an der wohltuenden Arbeit der Knabberfische.
Besuch am 02.09.2014
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