Fernöstliche Küche…

Mit einer Länge von fast 5.000 Kilometern und einem Einzugsgebiet so groß wie Deutschland und Frankreich zusammen gehört der Mekong zu den größten Fluss-Systemen der Erde und bis jetzt ganz sicher zu den unberührtesten. Noch kann man eine einzigartige Kultur von Land-und Wasserwirtschaft, Handel und Kochkunst beobachten, die von modernen, industriellen Einflüssen wenig berührt ist. Dieses Buch ist eine Momentaufnahme der Kulturen am großen Strom Mae Nam Khong, der ´Mutter des Wassers´. Es zeigt, wie die Menschen ihre Lebensmittel produzieren und warum man hier so gut kocht. Man bekommt einen tiefen Einblick in die verschiedenen Kochtechniken und das kulinarische Universum einer der besten und leichtesten Küchen der Welt. Detaillierte Rezepte zeigen, worum es bei dieser Kochtradition geht und was man von diesem reichen Ideenpotential lernen kann.

Das wichtigste Prinzip bei allen Kochtraditionen am Mekong ist die Frische der Zutaten. Als zentrales Element könnte man dabei die omnipräsente Verwendung von frischen, aromatischen Kräutern verstehen: Minze, Thai-Basilikum, verschiedene Koriandersorten und knackige Jungzwiebeln, sowie der frisch gepresste Saft von Limetten sind unverzichtbare Bestandteile der meisten Rezepte. Auffällig ist, dass viele der Zutaten roh verwendet oder nur sehr kurz gegart werden. Alle Gemüse bleiben knackig, nichts wird weich gekocht. Als Kontrapunkt zu dieser intensiven Frische setzt man meist nussige Röstaromen: knusprig gebräunte Schalotten und Knoblauch, geröstete Erdnüsse und Sesam. Das verleiht den Speisen gleichzeitig eine aromatische und eine spezielle haptische Note. Die Basis des Würzens ist die Kombination von Zucker und fermentiertem Fisch und es existiert kaum ein Gericht, bei dem diese Geschmacks-Dualität nicht zum Einsatz kommt. Die flüssige Fischsauce Nuoc Mam, der pastöse Padaek, Austernsauce und fermentierte Shrimpspaste sind die Würz-Essenzen der Mekong-Küchen. Man sollte sich von deren oft überaus strengem Geruch nicht abschrecken lassen. Vor allem in Thailand ist die Schärfe verschiedener Chili-Sorten unverzichtbar und für ungeübte Gaumen oftmals eine Höllenqual. In den anderen Ländern der Region ist der Kult um scharfes Essen weniger dominant und Chili wird meist erst bei Tisch zugegeben, wobei man die Schärfe selbst bestimmen kann. Entlang des Mekong geht es beim Kochen vor allem um die kunstvolle Kombination von starken Aromen und die Speisen werden traditionell als würzige Beilage zum milden Grundnahrungsmittel Reis verstanden.

Die wichtigsten Kochwerkzeuge sind ein massiver Hackstock, ein scharfes Messer, ein Suppentopf und der Wok. Befeuert wird mit offener Flamme von Holzkohle oder Gas. Herkömmliche Elektroherde sind für die Wok-Küche nicht gut geeignet, weil die für das sekundenschnelle Garen benötigten extrem hohen Temperaturen und schnellen Temperaturwechsel damit nicht erreicht werden können. Ein Metallsieb mit langem Stiel dient zum kurzen Eintauchen von Zutaten in kochendes Wasser oder heißes Öl. Wenn dann noch ein Bambuskorb zum Dämpfen und ein kleiner Grill zur Verfügung stehen, ist die technische Ausrüstung für die Mekong-Küche so gut wie komplett. Sicher ist es nicht einfach, die Speisen originalgetreu zuzubereiten, wenn man nicht gerade in Südostasien ist, weil die speziellen Zutaten nicht überall erhältlich sind. Man muss vor allem in den immer zahlreicheren Asia-Läden suchen, die oft sogar eine erstaunliche Auswahl an frischen Zutaten anbieten. Wenn es auch nicht immer gelingt, absolut authentische Speisen zu kochen, so kann man doch von den Köchen am Mekong viel lernen, insbesondere von ihrem Verständnis für Aroma-Kontraste und Frische, aber auch von ihrem Wissen um die Bedeutung der unterschiedlichen haptischen Konsistenzen der Zutaten: saftig, knusprig, knackig, kernig und zart – vereint zu einem kleinen Gesamtkunstwerk.

Der Maler, Musiker und Koch Michael Langoth bringt dem Leser auf wunderbare Art und Weise die für die meisten von uns unbekannte Welt des Mekong und die Küche seines Einzugsgebietes nahe. Ausführlich beschreibt er das Leben der Menschen dort an den Ufern und ihre Kochgewohnheiten. Neben den vielfältigen und interessanten Impressionen der Region liefert er detaillierte Anweisungen zu einer Vielzahl von Rezepten mit den entsprechenden Erläuterungen zu den exotischen Zutaten. Ein sehr vielschichtiges Buch, das die Lust auf das Nachkochen in sich birgt.

Gelesen am 09.09.2014

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Copyright Fotos Studio Trizeps
Copyright Text Michael Langoth

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